Fahnen

Um die Bedeutung der Fahnen für den Junggesellenverein zu verdeutlichen, reicht ein kurzer Blick in folgenden Ausschnitt aus dem Text zur Vereinsgeschichte, der ursprünglich in der Festschrift aus dem Jahr 1958 zum 35-jährigen Jubiläum des Vereins veröffentlicht wurde:

„Die erste Aufgabe dieses Vorstandes war es, dem neuen Verein eine finanzielle Grundlage zu schaffen, und zwar in Form von Veranstaltungen. Von dem Erlös dieser Veranstaltungen mußten die erste Vereinsfahne und die Uniformen für die Fähnriche angeschafft werden.“

Die Fahne sollte also die erste Anschaffung des Vereins überhaupt sein, zumindest wenn man das ein oder andere Getränk außer Acht lässt. Schon
auf den Fotos der älteren Vereinsgeschichte, die auch auf unserer Internetseite im Bereich „Nostalgie“ abrufbar sind, lässt sich erkennen, dass die Fahnen stets eine besondere Bedeutung hatten. Ob der Fähnrich, umringt von Publikum, sein Können dargeboten hat, das Maikönigspaar in die Kamera strahlte oder sich einfach einige Mitglieder des Vereins vergnügt fotografieren ließen die Fahne war immer dabei: im Hintergrund ins Bild gehoben, vor der Gruppe ausgebreitet oder im Zentrum der Aufmerksamkeit beim Schwenken. Die Fahne war und ist ein Teil der Identität des Vereins. Auch heute noch ist die Enttäuschung groß, wenn bei einem Besuch eines Maifestes zur „Extra-Tour“ keine Fahne dabei ist. Bei jedem Gruppenfoto vor dem Warsteiner Eck werden die Fahnen sorgfältig für die richtige Bildkomposition arrangiert.
Besonders schön ist die Tatsache, dass wir heute auch Kinderfahnen besitzen und unser Nachwuchs großen Spaß daran hat, das Schwenken zu trainieren und die Fahnen bei Veranstaltungen zu präsentieren.

Das 100-jährige Jubiläum haben wir zum Anlass genommen, um anhand alter Fotos aus unserem Archiv zu rekonstruieren, welche Fahnen in der Vereinsgeschichte existiert haben. Aus der Anfangsphase des Vereins sind uns jedoch leider nicht viele Fotos erhalten geblieben. Das älteste Foto, auf dem die Vereinsfahne auszumachen ist, datiert von 1935. Auf diesem ist die Fahne jedoch so stark verdeckt, dass das Motiv nicht auszumachen ist.

 

Aus den 1950er Jahren sind dann glücklicherweise schon mehr Bilder erhalten, darunter auch einige, die die Vereinsfahnen zeigen, denn zu dieser Zeit gab es derer scheinbar schon drei. Die erste Gestaltung und Anfertigung einer Fahne ist dem Verein wohl 1925 gelungen. Dies zeigen Fotos der ältesten Fahne, die mit dieser Jahreszahl beschriftet ist, obwohl man nachweislich schon 1923 und 1924 Maikönigspaare gekrönt hat.

Der Text auf der Fahne lässt sich hier nur erahnen, aber da dieses Motto noch auf weiteren Memorabilia wie einem Pokal auftaucht, können wir uns ziemlich sicher sein, dass er wie folgt lautet:

 

Junggesellen-Verein „Rosenhügel“
1925
Eintracht u. Gemütlichkeit gepaart,
Gibt in der Mitt: Rosenhügel-Art,
Er schenke Wein, Weib u. Gesang,
Den Junggesellen ein Leben lang,
Siegburg – Wolsdorf

 

„Eintracht und Gemütlichkeit“ bezeichnet dabei die „friedliche, zwanglose Geselligkeit und Ungezwungenheit“, welcher sich die Gründer bei Zusammenkünften verschrieben haben. Der Passus „Wein, Weib u. Gesang“ wiederum ist eine Anspielung auf die zweite Strophe des Deutschlandliedes mit dem Text von Hoffmann von Fallersleben aus dem Jahr 1841. Dieses Lied wurde 1922, also genau ein Jahr vor Vereinsgründung, zur Nationalhymne auserkoren. Somit verbindet der Fahnenspruch die bereits bei Gründung in Wolsdorf etablierten Junggesellentraditionen mit dem (damaligen) neuen Zeitgeist und der Heimatverbundenheit.

Auf Fotos von 1953 ist dann zum ersten Mal eine weitere Fahne zu entdecken. Sie trägt das klassische Motiv einer Sonne mit schüttelnden Händen im
Vordergrund. Beschriftet ist sie mit den Jahreszahlen 1925 – 1945. Ob sie nun wirklich aus dem kriegserschütterten Jahr 1945 stammt oder später angefertigt wurde, ist für uns leider nicht mehr festzustellen. Diese Fahne hat glücklicherweise einige Jahrzehnte überdauert. Sie wurde auf vielen Veranstaltungen mitgeführt und war viele Jahre die „Vorzeigefahne“ des Vereins. So haben wir von dieser Fahne auch zum ersten Mal Farbfotos: 

Leider ist jedoch auch diese Fahne mittlerweile nicht mehr im Besitz des Vereins, obwohl sie noch bis 2003 auf Fotos abgebildet ist.

Schon ein Jahr nach der zuvor genannten Fahne, im Jahr 1946, scheint der Verein bereits die nächste Fahne erstanden zu haben. Ihr Motiv zeigte diesmal den Wolsberg. Überschrieben war sie mit „Junggesellen-Verein „Rosenhügel“ 1925 – 1946“. Darunter trug sie ebenfalls das oben zitierte Motto des Vereins im gleichen Wortlaut. Auf den historischen Fotos des Vereins ist diese Fahne kaum von der ersten Vereinsfahne von 1925 zu unterscheiden, sodass wir die beiden Fahnen ursprünglich für ein und die Selbe gehalten hatten. Achtet man jedoch auf die Details, wie die Jahreszahlen und das zentrale Motiv, lassen sich die Unterschiede erkennen. Dies ist uns selber erst bei den näheren Untersuchungen der Bilder für die Erstellung der Festschrift aufgefallen. Die damaligen Vereinsmitglieder hatten wohl bereits zu dieser Zeit im Sinn an die bestehenden Traditionen anzuknüpfen. Die Fahne ist zum letzten Mal auf Fotos von 1964 zu sehen, ihr Schicksal ist leider ebenfalls unergründet.

Ab ca. 1977 ist auf den Fotos dann eine Besonderheit zu entdecken. Ab diesem Jahr sieht man auf allerlei Bildern des Vereins eine blau gerahmte Fahne, die zwar zentral den Michaelsberg zeigt, deren umlaufender Schriftzug jedoch „Junggesellen-Verein und Männerreih – Siegburg-Driesch“ lautet. Hierbei handelte es sich aber nicht etwa um einen Fahnenklau wie bei verfeindeten Fangruppen im Fußball. Nein, die Erklärung ist schnell gefunden: Hans Schmidt, der sich seit dieser Zeit im Verein engagierte und später einige Fähnriche des JGV Rosenhügel ausbildete, war vorher in eben jenem Verein Fähnrich und nutzte seine angestammte Fahne weiterhin. Da sich der Junggesellenverein vom Driesch leider aufgelöst hatte, verblieb die Fahne in seinem Besitz. Diese Fahne, die 1946 angefertigt wurde, ist übrigens weiterhin in Obhut des Rosenhügels. Selbstverständlich wird sie an ihren angestammten Platz zurückkehren, wenn das Vereinsleben am Driesch wieder zum Leben erweckt wird. So hat es der „Schmidte Hans“ sich auch immer gewünscht.

Zum 60-jährigen Jubiläum im Jahr 1983 wurde im weiteren Verlauf der Vereinsgeschichte eine weitere Fahne angefertigt. Sie hat ein gelbfarbenes Tuch und im Gegensatz zur Fahne von 1945 orangene Fransen, wodurch sie auf Fotos gut zu unterscheiden ist. Als Motiv ziert sie die Abtei auf dem Michaelsberg, mit dem Handschlag im Vordergrund und Sonnenstrahlen im Halbrund darüber. Die Ecken zieren passend zum Vereinsnamen erneut rote Rosen.

Diese beiden Fahnen haben den Verein durch die 80er und 90er Jahre begleitet. Erst als der Verein sich 2003 dann zum 80sten Mal jährte, wurden gleich zwei handgefertige Fahnen beschafft, die in ihrer Mitte die Wolsdorfer Kirche St. Dreifaltigkeit sowie eine große „80" ziert. 

Um dem sportlichen Ehrgeiz der Fähnriche gerecht zu werden, wurde für diese Fahnen bereits ein Mesh-Stoff (also ein netzartiger bzw. gelochter
Stoff) genutzt, mit dem die Fahnen besser geschwenkt werden können. Im Laufe des Jahres 2008 wurden leider besorgniserregende Schäden an der
Fahne von 1983 festgestellt. Der Verein entschied daraufhin, eine weitere handbemalte Fahne anfertigen zu lassen, die der Fahne von 1945 in ihrer
Gestaltung nachempfunden werden sollte. Diese Fahne mit der Sonne im Hintergrund und auf den Fotos erkennbar an ihren weißen Fransen, wurde
2009 geweiht. Bei dieser Fahne zeigten sich jedoch erstmals die Tücken der etwas aus der Mode gekommenen Tuchmalerei. Beim ersten starken Regen
am Kirmessonntag, was leider keinen Einzelfall darstellt, verfloss die Farbe nämlich schneller, als eine unverfängliche Kirmesliebschaft. Mit etwas
liebevoller Pflege, allen voran durch den 1. Fähnrich André Schulte, konnte die Fahne jedoch gut erhalten werden. Sie wird mittlerweile hauptsächlich zu
Präsentationszwecken hervorgeholt und selten aktiv geschwenkt.

Aus diesem Grund und wegen der besseren Handhabung sowie der höheren Geschwindigkeit werden zum Schwenken mittlerweile hauptsächlich maschinell bedruckte Fahnentücher aus Polyester verwendet. Unter anderem erlaubt dies dem Verein spezielle Jugendfahnen herstellen zu lassen, die ein kleineres Tuch und geringeres Gewicht haben. Dies war durch den hohen Preis der handwerklich aufwendigen früheren Fahnen nicht so einfach möglich. Die Fahnenstangen mit klassisch bleigefülltem Messinggriff erhält der Verein mittlerweile bei der Drechslerei Eppstein in Bonn. Eine der wenigen Adressen, die diese Handwerkskunst noch beherrschen. Ihr Motiv zeigt eine Skizze der Abtei auf dem Michaelsberg aus der Sicht der oberen „Papagei“ („Wolsdorfer Abteiblick“), die Sonnenstrahlen im Halbrund darum, der Handschlag und die Rosen sind an die Gestaltungen auf den historischen
Fahnen angelehnt. Natürlich werden die alten Fahnen weiterhin in Ehre gehalten. Es würde uns auch eine große Freude bereiten, wenn wir weitere Fotos oder Informationen dazu erhalten würden. Bitte kommen Sie in einem solcher Fälle gerne auf uns zu. Eine noch größere Freude wäre für den Verein der Fund einer verlorengegangenen historischen Fahne.